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Zu den FotoArbeiten von Hubert Kretschmer 
Die Fotografie ist ein Verfahren, mit dem man die Welt in einem 
 
gewissen Sinn festhalten kann. Die Kamera fixiert, indem sie Orte 
 
der Bewegungslosigkeit imaginiert. Insofern ist das Foto etwas,
 
 was sich dem natürlichen Fluss von Zeit und Raum auf künstliche 
 
oder auch künstlerische Weise entgegenstemmt. Was dem Elixier 
 
der Fixation entsteigt, ist manchmal also nur eine Art Bewusstseins-
 
Einfriedung. Draußen ist die Welt, drinnen aber das, was übrig bleibt,
 
 wenn man der Welt die Bewegung austreibt. Gegen das Sein als 
 
ewiges Werden, gegen das panta rhei, ließe sich demnach vor allem 
 
eine Kamera in Stellung bringen. Aber es wäre bestimmt nicht die 
 
Kamera von Hubert Kretschmer. Denn die Arbeiten des Münchner
 
 Fotokünstlers richten sich nicht gegen die Bewegung - sie sind 
 
Bewegung. Oder dies: malerisch fühlende Fotografie, seismografisch 
 
exakte Vermessungen einer Welt, die in Bewegung selbst dort ist, 
 
wo sie uns statisch erscheint. Aus diesem Paradoxon des bewegten 
 
und bewegenden Festhaltens beziehen die Arbeiten von Hubert
 
 Kretschmer ihre eigentümliche Spannung: eine Art Wirklichkeit, 
 
deren ungeheure Vitalität sich sinnlich vermittelt. In besonderer Weise 
 
gilt dies auch für die Fotografien, die in der Gläsernen Manufaktur 
 
entstanden sind: im VW-Werk in Dres-den. Dort bannt die Immobilität 
 
der Architektur den Inbegriff der Mobilität selbst: das Auto. Kein Wunder, 
 
dass der Beweger und Seismograf Hubert Kretschmer in der Manufaktur 
 
eine Materie vorfand, die sein freiheitsliebendes Festhalteverfahren, 
 
das Nachspüren von Formkräften, gewaltig herausforderte: 
 
die Begegnung von Statik und Dynamik, das Aufeinanderprallen 
 
von Sein und Werden. Letztlich: das Staunen über eine Welt, die nicht still steht.  
Gerhard Matzig
 
München 2004  | 
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